Der Januar Schnipsel

Transparenz ist kein Zustand, sondern ein kontinuierlicher und konstanter Prozess

Dieser „Schnipsel“ wurde dank des wertvollen Beitrags vieler Mitglieder des Konsortiums, befreundeter Verbraucher und Menschen, mit denen wir Ethik und Prinzipien teilen, geschrieben. Ein herzliches Dankeschön geht an all jene (zu viele, um sie aufzulisten), die glauben, dass es möglich ist, Veränderungen zu schaffen, und dass das Konsortium die Pflicht hat, es zumindest zu versuchen...

Hallo liebe Freunde,

Seit einiger Zeit haben wir uns vorgenommen dem Thema Transparenz einen Newsletter zu widmen, bezogen auf die Mechanismen und operativen Entscheidungen des Konsortiums und um die vielen berechtigten Fragen zu beantworten, die Ihr uns zu diesem Thema stellt. Fragen von denjenigen, die uns besuchen und denjenigen, die uns nur aus der Ferne kennen, weil sie unsere Produkte beziehen. Wie arbeitet das Konsortium? Wie setzt sich der Verkaufspreis zusammen? Sind alle Hühner wirklich glücklich?

Und wenn wir für einen Moment über unsere kleinen persönlichen Angelegenheiten hinausschauen und unseren Horizont erweitern: Wie glücklich können alle anderen Landwirte auf der Welt sein? Warum gibt es immer weniger von ihnen? So ist es in Sizilien, in Italien, in Frankreich, aber auch in Indien oder Gabun; die Szenarien und Dynamiken mögen sich unterscheiden, aber der Fakt der Marginalisierung der bäuerlichen Landwirtschaft ändert sich nicht!

Wir sind davon überzeugt, dass der einzige Weg in die Zukunft darin besteht, ein starkes Bündnis mit denjenigen zu schließen, die Lebensmittel und Umwelt als Grundbedürfnisse betrachten und gemeinsam Produktions- und Konsumsysteme zu schaffen, in denen das Recht auf Würde im Mittelpunkt steht. Mit einem Nutzen für jedes einzelne Lebewesen und einem angemessenen Respekt gegenüber der Schönheit und der Harmonie der Umwelt, in der wir leben.

Gleichzeitig mit der Entstehung dieses « Schnipsels » stellen wir uns die Frage, wie man heute einen fairen Preis definieren kann, und ob es ausreicht, einen fairen Preis für den Anbau und die Erzeugung zu definieren. Wir fragen uns, ob es richtig ist, jedem einen gleichen Preis zuzuschreiben, das gilt für den Verkaufspreis an den Verbraucher als auch für den Preis an den Erzeuger, wenn klar ist, dass GERECHTIGKEIT und GLEICHHEIT zwei verschiedene Konzepte sind. Und wenn klar ist, dass es immer noch Menschen gibt, die sich nicht gesund ernähren können, und Erzeuger, die zunehmend schwächere Gebiete "verteidigen", mit höheren Kosten und schlechteren Erträgen.

Es sind viele andere Fragen aufgetaucht, die wir gemeinsam mit Euch beantworten möchten, indem wir versuchen, unsere Entscheidungen, unser Handeln, unsere Prioritäten gemeinsam zu überdenken, überzeugt von dem auf Vertrauen basierenden System des Austauschs, das uns in den letzten Jahren so viel ermöglicht hat. Um unseren Überlegungen und Vorschlägen Kraft und Ernsthaftigkeit zu verleihen, haben wir unsererseits seit letztem Sommer eine anspruchsvolle interne Analyse begonnen, die es uns hoffentlich erlauben wird, im nächsten « Schnipsel » die hier entwickelten Konzepte in Zahlen auszudrücken. Dann habt Ihr alle Daten zur Hand und wir können uns damit auseinandersetzen.

                                                                                                                             Landwirte, Erzeuger und Produkte

Beginnen wir mit einer kurzen Zusammenfassung der Geschichte des Konsortiums. Am Anfang stehen 10 visionäre und halbwegs verzweifelte Landwirte (oft gehen diese Attribute Hand in Hand), die davon überzeugt waren, dass es möglich ist den bestehenden Markt mit seinen unmenschlichen Logiken und Mechanismen aufzugeben, und gemeinsam mit den Verbrauchern eine Alternative aufzubauen. Ein Markt, der auf Vertrauen, Teilen und Beziehungen aufgebaut wird. Ein Markt, in dem man sich in die Augen schaut. Anfangs war es nur ein Überlebensinstinkt aber im Laufe der Zeit, «unter dem Vorwand gesunde Lebensmittel anzubauen und zu vermarkten», befanden sich die Landwirte in einem ständigen Dialog mit jenen, die nicht mehr nur Verbraucher sind. Mit jenen, die zu Recht behaupten ein aktiver und unverzichtbarer Teil eines Anbau- und Konsumsystems zu sein, welches klar und transparent ist und in dem sie durch das Anstreben des eigenen Wohls auch das Gemeinwohl fördern. 

Gerade im Hinblick auf die immer weiter voranschreitende Integration von Euch und uns haben wir versucht Euch offen einige der Dynamiken zu erklären, denen wir unterliegen und die denen entgehen können, die unserer Realität fern sind. Alle Informationen über unsere Entscheidungen bezüglich Verpackung, Durchmesser der Früchte, Bio-Zertifizierung etc. findet Ihr in  diesem Abschnitt unserer Website.

Heute, 12 Jahre nach Gründung, sind wir nicht mehr 10 sondern 41 Mitglieder des Konsortiums und zusätzlich etwa 35 Erzeuger, die noch keine Mitglieder sind und die wir « Küken » nennen (hier könnt Ihr sie kennenlernen, am Seitenende).

Das Konsortium ist gewachsen, aber das liegt ausschließlich daran, dass wir mehr geworden sind. Die Mittel der einzelnen Betriebe sind dagegen nur leicht gestiegen, so dass diejenigen, die ausschließlich von der Landwirtschaft leben, den Betrieb nicht schließen müssen. Wir sind gewachsen, begeisternd und involvierend, so wie es unsere Natur ist. Indem wir das Modell verbreiten, dass es uns ermöglicht hat und welches uns nach wie vor ermöglicht weiterzuarbeiten. Indem wir den « Hühner-Effekt » auf so viele Landwirte wie möglich übertragen.

Diejenigen, die wir « Küken » nennen, sind Landwirte oder Betriebe, die man in 3 Kategorien einordnen kann: :

  • Landwirte, die uns kennengelernt haben, sowohl wegen des uns bekannten Überlebensinstinktes als auch, weil sie mit uns Ideale und Prinzipien teilen und Teil dieser Realität werden wollen. 

  • Landwirte, die auf sich aufmerksam gemacht haben und deren Produkte denen entsprechen, bei denen wir im Moment nicht ausreichend zur Verfügung haben (katastrophale Jahre, verfrühte oder verspätete Ernte, etc.)

  • Landwirte, die wir sehr mögen, die aber vielleicht nicht über Produkte verfügen, die wir vermarkten können oder von denen wir bereits einen Überschuss haben. Gemeinsam überlegen wir, wie sie Hühner werden könnten, planen gemeinsam den Anbau oder schlagen unseren Partnern neue Produkte vor. 

Innerhalb der ersten 2 bis 3 Jahre durchlaufen sie einen Prozess des gegenseitigen Kennenlernens, innerhalb dessen Beppe, unser Mann vom Land, sie besucht und begleitet. Die Küken beliefern uns mit Ihren landwirtschaftlichen Produkten und nehmen an den Mitgliederversammlungen teil. Dann werden sie fast immer Mitglieder oder sind keine Bezugsquellen mehr für uns, wenn irgendetwas nicht funktioniert hat. 

Die Mitarbeiter des Konsortiums


Wachsen bedeutete auch die Erweiterung  unseres Teams, das heute 49 Mitarbeiter umfasst, darunter Erntehelfer, Lagerarbeiter und Mitarbeiter in den Bereichen Verwaltung, Logistik, Kommunikation usw. Wer bei uns arbeitet, führt zum Nutzen aller Mitglieder professionell jene Aufgaben aus, die vor der Gründung des Konsortiums von allen unabhängig voneinander durchgeführt worden sind (und oft weder vergütet noch in deren Budgets berücksichtigt waren...).

Es mag überflüssig erscheinen, aber in der Landwirtschaft ist es keineswegs selbstverständlich, dass 49 Mitarbeiter gemäß Gesetz bezahlt werden. Dass die für sie gezahlten Sozialbeiträge nicht vom Lohn abgezogen werden, dass ein Teil des Gehaltes, welches auf dem Gehaltszettel ausgewiesen ist nicht wieder in bar an den Arbeitgeber zurückgezahlt werden muss. Leider ist das, was gerade beschrieben wurde normal und man spielt mit, wenn man Geld nach Hause bringen muss. Das Konsortium hat immer mit größter Sorgfalt und Respekt für die Menschen gearbeitet und die Arbeit derjenigen belohnt, die bereit sind, Opfer zu bringen und bei Bedarf die Zähne zusammenzubeißen.

Heute arbeiten im Konsortium:

  • 17 Erntehelfer

  • 15 Mitarbeiter im Frischwarenlager

  • 8 Angestellte (Wareneingang, Verwaltung, Kundenpflege, Video und Kommunikation, Sekretariat IT-Plattform und Übersetzungen)

  • 2 Mitarbeiter im Lager der weiterverarbeiteten Produkte

  • 3 Angestellte, die sich mit der Logistik in Italien und dem Ausland befassen

  • 2 Angestellte, die unsere Produkte auf den lokalen Märkten von Bologna verkaufen

  • 1 Putzkraft für das Lager

  • 1 Mann für’s Land

  • In Kürze dürften ein weiterer Erntehelfer zu uns stoßen, der ebenfalls bei der Abschätzung der Erntemengen helfen soll sowie ein junger Agronom mit noch ausstehendem Abschluss, der die Höfe beim Anbau technisch unterstützen soll. 

Das ist das Team, dessen Arbeit nach dem Anbau auf dem Feld beginnt und vor der Auslieferung endet.
Die Auslieferung, also der Transport an sich, wird aus offensichtlichen Gründen an externe Speditionen vergeben, wird jedoch konsequent von unseren Logistikverantwortlichen überwacht.

All dies (Zu viel? Zu wenig?) in 12 Jahren, einen Schritt nach dem anderen, zusammen wachsen. 

 Die Scheiben der Orange

Linkes neues Bild, beginnend oben rechts: Erzeuger 45%, Verpackung & Material 18%, Verwaltung 12%, Ernte & Transport 25%
Rechtes altes Bild, beginnend oben mittig: Ernte & Transport 14 %, Erzeuger 8%, Einzelhändler 30%, Zwischenhändler und Verwaltung 34%, Verpackung & Material 14%

Seit mehreren Jahren verwenden wir diese Grafiken, die viele von Euch bereits gesehen haben, um grob zusammenzufassen, welche Prozentsätze in Bezug auf den Verkaufspreis auf die Akteure und die Verwaltungskosten entfallen, und um die großen Unterschiede zwischen der Vermarktung über den Großhandel und den kurzen Lieferketten hervorzuheben.

Anfangs waren die Zahlen plausibel, heute sind sie es etwas weniger, auch weil von der Erzeuger-Scheibe (auch auf dem fairen Markt) Kosten abgezogen werden müssen, die für die Verwaltung, die kontinuierlichen Verluste der Jahre mit außergewöhnlichen-und-immer-normaler-werdenden Naturkatastrophen, Diebstähle und die nie berechneten Überstunden anfallen. Diese reduzieren die Größe dieses Anteils signifikant. Abschließend muss gesagt werden, dass es innerhalb des Konsortiums Erzeuger und Produkte mit unterschiedlichen Eigenschaften gibt, sodass diese „Durchschnittswerte“, die wir Euch heute nennen, mehr im Detail betrachtet werden müssen. Produkt für Produkt, um weiterhin zusammen mit Euch darüber nachzudenken, wie wir unseren kleinen Markt gesünder machen können. 

Eine weitere Scheibe, die keinen wirklichen Prozentsatz mehr darstellt, ist diejenige, die mit dem Transport zu tun hat. (Sie hat es uns jedoch ermöglicht eine „Unterstützungs-Scheibe“ für die Höfe zu werden.)
Die Transportkosten in Italien wurden auf Basis eines LKWs berechnet wurden, der in Sizilien losfuhr und alle unsere Kunden direkt belieferte. Die Realität sieht zwischenzeitlich so aus, dass wir aus „technischen“ Gründen die Produkte umladen und der Weitertransport durch weitere Transportunternehmen erfolgen muss, wodurch natürlich die Kosten gestiegen sind. Bei gleichbleibendem Verkaufspreis entsteht dadurch ein Verlust. Als wir hingegen vor einigen Jahren begannen über die Alpen nach Frankreich und Belgien zu liefern, wurden die Transportkostenschätzungen sehr vorsichtig vorgenommen, indem man die Mindestbestellmenge bei maximalen Kosten annahm. In den folgenden Jahren wurden diese Schätzungen positiv übertroffen, da die Bestellmengen stark angestiegen sind. Eine bedeutende Reaktion Eurerseits, die die Transportkosten für die Lieferung gesenkt haben.

Das Ergebnis dieser Rechnung, die mit Vorsicht erstellt wurde, trägt zur Entstehung der Scheibe „Unterstützung der Höfe“ bei, die es uns Hühnern ermöglicht hat, zum Jahresende einen „Bonus“ zwischen 9 und 17% auf den Preis des verkauften Produktes zu erhalten. (Im Durchschnitt bedeutet dies zwischen 0,05 € und 0,09 € pro verkauftem Kilo, nicht pro geerntetem Kilo.) Ein Hauch von Sauerstoff, der es vielen ermöglichte ein paar Euros auf ihrem Land zu investieren, aber mehr nicht.
Diese Summe hat es dem Konsortium auch ermöglicht eine neue Maschine für das Lager zu kaufen, die eine übermäßige Anzahl an Überstunden für unsere Lagermitarbeiter vermieden hat. Ebenso hat sie das bereits erwähnte Wachstum des Konsortiums ermöglicht.

Schließlich gibt es noch eine kleine neue Scheibe, die all jene Aktionen des sozialen Engagements enthält, die vom Konsortium gefördert oder unterstützt werden. So haben wir das Glück und das Privileg eines Engagements, welches für die einzelnen Höfe und Betriebe unmöglich wäre, was jedoch durch unsere Zusammenarbeit zur Realität geworden ist.

All diese Daten sind Durchschnittswerte und erklären die Realität nicht vollständig. Lasst uns eine detaillierte Analyse auf den nächsten „Schnippsel“ verschieben, um Zweifel und Missverständnisse zu vermeiden. 

In der Zwischenzeit laden wir Euch ein, gemeinsam darüber nachzudenken, wie wir auf welche Art & Weise, durch welche gemeinsamen Entscheidungen den gleichen Weg in die gleiche Richtung weitergehen können. Um das zu tun, was heute vielleicht außergewöhnlich und unrealisierbar erscheint und was es künftigen Generationen ermöglichen wird, über eine Vergangenheit zu lächeln, die so weit zurückliegen wird, dass sie nicht mehr beängstigend sein wird. 

Vielen Dank für Eure Geduld und Euer Interesse

bis bald
Mico und der ganze Hühnerstall