Sollen wir uns nur um unseren eigenen Garten kümmern oder …?

wir veröffentlichen gerne die von Thomas Regazzola verfassten Seiten, die aus einem intensiven Briefwechsel mit Roberto Li Calzi stammen:

DEN EIGENEN GARTEN PFLEGEN ODER GEBIETE BESIEDELN?

Thomas Regazzola.

Das Konsortium der Zitrus-Bauer*innen LeGallineFelici ist größtenteils in der Ebene zwischen Catania, Syrakus und Ragusa angesiedelt, wo die landwirtschaftlichen Gegebenheiten es den Früchten (insbesondere den Blutorangen) ermöglichen, ihr aromatisches Potenzial voll zu entfalten.

Die Produktion ist (mit Ausnahme einiger Hersteller*innen, die sich aus ideologischen Gründen dagegen entschieden haben) biologisch zertifiziert und wird sowohl vom Konsortium als auch von den italienischen Kundenfreund*innen und denen aus anderen Ländern streng kontrolliert.

Anders als die Früchte der Supermärkte, die mit Wachs und Fungiziden beschichtet, wochen- oder monatelang im Kühlschrank bleiben, werden die Zitrusfrüchte des Konsortiums, ohne chemischen Zwang und mit Achtung der Arbeitsbedingungen angebaut und erst zum Zeitpunkt des Versands gepflückt, wenn sie reif sind, und können daher problemlos bis zu einem Monat in der Garage oder im Keller gelagert werden (die Valencia-Orangen sogar vier Monate).

Der Ursprung des Konsortiums geht auf das Jahr 1984 zurück, als eine kleine Gruppe von hartnäckigen Kleinbauer*innen den „Coordinamento Siciliano Agricoltura Biologica (CSAB)“ gründet. In jenen Jahren hatten die Zitrushaine, die „grünen Gärten“, die Sizilien vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg zum Hauptlieferanten des Mittelmeers und zu einem der wichtigsten Symbole der Insel gemacht hatten, bereits eine tiefgreifende Standardisierung erlitten: Viele alte Plantagen wurden gerodet und neu bepflanzt, viele Sorten, Formen, Farben, Geschmacksrichtungen wurden beseitigt, was zu einem ernsthaften Verlust der biologischen Vielfalt (und auch unseres Geschmacks und unserer Vorstellungen) geführt hat; die chemischen Verfahren wurden stark bevorteilt... die Zitrus-Lebensmittelkette wurde völlig neu organisiert, zugunsten der Großindustrie, was die kleinen Anbauer*innen stark benachteiligte.

Der Konkurrenzdruck durch ausländische Zitrusfrüchte [1] und Absprachen zwischen monopolistischen Großhändlern haben zu einem Preiseinbruch geführt, der nicht einmal mehr die Produktionskosten deckt (Beschneidung, Düngung, Bewässerung, Ernte...) und viele Kleinbauern zwingt, die Früchte am Baum verrotten zu lassen oder sogar die Zitrusplantagen aufzugeben, die oft von den Großhändlern selbst aufgekauft werden [2].

Zu einer Zeit, als das Wort "Bio" fast schon ein Schimpfwort war, über das man spottete und das man bemitleidete, und als die große Mehrheit der Hersteller Pflanzenschutzmittel und chemische Düngemittel in Hülle und Fülle einsetzte, begrüßte diese Gruppe von Pionieren die Neuregelung des biologischen Landbaus mit großem Enthusiasmus, nur um sehr schnell festzustellen, dass die Zertifizierung eine bürokratische Tortur war und leicht umgangen werden konnte, dass Hersteller, die für ihre chemischen Praktiken bekannt waren, über Nacht das Bio-Siegel vorzeigen konnten.

IDie Pioniere der CSAB haben also weiterhin große Schwierigkeiten, die Orangenhaine zu retten, bis (2002) einer von ihnen, Roberto Li Calzi, Kontakt per E-Mail mit den 240 solidarischen Einkaufsgemeinschaften (GAS) aufnimmt, die damals unter www.retegas.org gelistet waren, und ihnen seine Zitrusfrüchte zu einem fairen Preis anbietet.

Der Vorschlag kommt gut an, die Lieferungen vervielfachen sich, die Ernte einer einzigen Zitrusplantage reicht nicht mehr aus und die anderen CSAB-Mitglieder, die immer noch mit den gleichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, werden zur Verstärkung hinzugezogen.

Diese ersten Paletten waren nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine moralische Wiedergeburt! Sie waren nicht nur eine Geldeinnahme, sondern vor allem das Ende der Isolation; Austausch von Mails, Danksagungen, Gedanken, Gefühle, Beziehungen, Projekte mit einer wachsenden Zahl von Partnern (Bergamo, Meran, Viareggio...), die die gleiche Weltsicht teilen.

Die Zusammenarbeit weitet sich rasch aus, die vertrauensvollen Beziehungen zu den GAS, die inzwischen in ganz Mittel- und Norditalien fest etabliert sind, werden gefestigt.

Ab 2006 haben, während der Orangensaison, die Lieferungen per Lkw von einem Dutzend kleiner Bio-Zitrusbauern einen regelmäßigen Rhythmus angenommen. Erste Woche: Venetien, Trentino; zweite und dritte Woche: Lombardei, Piemont; dritte Woche: Toskana, Marken; vierte Woche: Emilia-Romagna.

Im Jahr 2007 gründen diese zehn mit acht Weiterverarbeitungsbetrieben das Konsortium LeGallineFelici (Glückliche Hühner), das etwa zehn Arbeitnehmer beschäftigt [3].

Heute vereint das Konsortium 23 Bio- Bauern, hat etwa 20 Arbeitsplätze geschaffen und verkauft etwa tausend Tonnen mit einem Umsatz von etwa 1,4 Millionen Euro. Der größte Teil der Produktion der Mitglieder*innen wird über die Netze der Solidarischen Ökonomie verkauft, davon 40 % in Frankreich und Belgien (siehe unten).

Das Konsortium, das streng demokratisch organisiert ist und bei dem Posten und Aufgaben häufig wechseln, stellt die Kontakte zu den Netzen der Solidarischen Ökonomie auf Gegenseitigkeitsbasis her, organisiert die Ernten entsprechend der Bestellungen, bereitet die Transporte vor, legt die Ladungen fest, organisiert die Routen, berechnet die Entfernungszuschläge, kümmert sich um die Rechnungsstellung und erstattet den Hersteller*innen nach Zahlung der Löhne und Ausgaben ohne jegliche Gewinnspanne etwa 50 % des Verkaufspreises für frische Produkte und etwa 70 % für verarbeitete Produkte [4].

Über die rein kommerziellen Ziele hinaus, angetrieben von der Idee des kollektiven Handelns, der gegenseitigen Hilfe und dem Streben nach einer gesünderen, gerechteren und solidarischeren Gesellschaft, unterstützt, betreut oder beteiligt sich das Konsortium an verschiedenen Solidaritätsprojekten [5]: Eingliederung von Menschen in Schwierigkeiten, Rückgewinnung von brachliegendem Land (vor allem von der Mafia beschlagnahmtem), Ansiedlung von Junglandwirt*innen, Umschulung und Wiedereingliederung von Strafgefangenen.

Im Jahr 2009 wird das Bündnis zwischen den sizilianischen Bio-Herstellern und den nationalen Strukturen der Solidarischen Ökonomie durch die Organisation des neunten Jahrestreffens des Nationalen Netzwerks der GAS (in Petralia Sottana) und die Gründung der Vereinigung Siqillyàh bekräftigt, dessen Ziel es ist, das Entstehen neuer solidarischer ökonomischer Realitäten zu fördern und im gesamten Land zu vereinen.

Im Jahr 2010 haben die Netze der Solidarwirtschaft mit ihren 300 über ganz Italien verteilten GAS 80 % der Produktion des Konsortiums (mehr als 200 Tonnen) absorbiert und dabei einen Umsatz von 700.000 Euro pro Jahr erzielt, wodurch die Hersteller*innen des Konsortiums ihre Zitrusplantagen aufrechterhalten und eine angemessene Vergütung für ihre Arbeit erzielen konnten.

Es ist der Beweis, dass man sich der Macht der Zwischenhändler entziehen kann, dass man verhindern kann, dass sie sich den größten Teil des Verkaufspreises aneignen, und dass man dem Verbraucher*innen ein Qualitätsprodukt zu einem akzeptablen Preis anbieten kann, ohne auf Schwarzarbeit oder Steuerhinterziehung angewiesen sein zu müssen. Vor allem aber ist es ein Beweis dafür, dass die Zusammenarbeit zwischen Konkurrent*innen es ermöglicht, die solidarische Nachfrage nach Bioprodukten zum Vorteil des Territoriums zu steigern.

Jedoch gibt es noch einige Hundert (vielleicht sogar Tausende) von Hersteller*innen die noch aktiv sind, aber zu klein um Zugang zum Großhandel zu haben, und die nach Möglichkeiten suchen, ihre Zitrushaine nicht aufzugeben, ein Einkommen daraus zu erzielen und ihre Würde wiederzuerlangen.

Das Konsortium ist sich bewusst, dass viele von ihnen natürliche Anbaumethoden anwenden und dass andere dazu ermutigt (und dabei unterstützt) werden könnten, auf Bio umzustellen, aber um nicht zu schnell zu groß zu werden, kann es nicht zu viele neue Mitglieder*innen aufnehmen.

Dafür gibt es nur eine Lösung: die Erfahrung und Energie im Dienst der wachsenden Nachfrage nach Bioprodukten seitens der Netze der Solidarwirtschaft einzusetzen.

Dieses Ziel steht auf der Tagesordnung der 11. nationalen GAS-Tagung (L'Aquila, 2011).

Bei diesen Treffen wird deutlich, dass die Partner*innen dieser Beziehung zwischen Hersteller*innen und GAS, die gegenseitig durch die gemeinsame Kultur abgesichert sind, sich allzu oft mit ihrer beiderseitigen Leistung zufriedengeben geben und Gefangene einer selbstreferenziellen Logik des Austauschs bleiben, ohne dass es zu einer echten Ausweitung der Solidarwirtschaft kommt.

Um den Raum für den kritischen Konsum zu erweitern, wurde beschlossen, die gesamte Bevölkerung anzusprechen und die Barrieren durch anregende Veranstaltungen zu überwinden.

So entstand die Idee zu „Sbarchi in Piazza (SIP)“ (Landung auf dem Marktplatz), einer Veranstaltung, die von den lokalen GAS gemeinsam mit mehreren Herstellerkollektiven aus dem Süden organisiert wird (siehe Fußnote 2). Seit der ersten Ausstellung im Jahr 2012 werden jedes Jahr zwischen Februar und Mai die Plätze von etwa einem Dutzend italienischer Städte im Zentrum und Norden des Landes, die von den Behörden zur Verfügung gestellt werden, für ein bis drei Tage von einer Karawane von Hersteller*innen aus dem Süden (organisiert von RES SUD) und anderen Landwirt*innen aus der Region besetzt, die sie mit dem Reichtum ihrer Produkte, mit den Hersteller*innen selbst, mit den Geschichten ihrer Gebiete und ihrer Projekte auffüllen.

Diese Veranstaltung/Markt/Messe/Kulturevent, die sich an die gesamte Bevölkerung richtet, will jene Verbraucherschichten ansprechen, die zwar nicht aktiv sind und sich nicht an der Solidarischen Ökonomie beteiligen, aber dennoch sensibel sind für Fragen des Rechts, der sozialen Gerechtigkeit, der Lebensmittelqualität und der Umweltzerstörung. Es geht darum, außerhalb der GAS-Netze zu zeigen, dass eine andere Landwirtschaft möglich ist, dass die Solidarische Ökonomie eine Antwort auf weit verbreitete ethische Ansprüche ist, dass sie wirklich eine Alternative darstellt, dass ein verantwortungsvoller Einkauf ein politischer Akt ist, der sich auf viele Menschen auswirkt, dass die Allianz zwischen Hersteller*innen und Verbraucher*innen zu neuen demokratischen und nachhaltigen Modellen von Produktion und Konsum führen kann.

Um die kleinen konventionellen Landwirt*innen zu ermutigen, auf Chemikalien zu verzichten und ihnen die Umstellung auf biologischen Anbau zu erleichtern, organisieren die Einrichtungen der Solidarischen Ökonomie Fortbildungskurse und verpflichten sich, die Produktion anzunehmen, sobald die Umstellung abgeschlossen ist, und sie an „Sbarchi in Piazza“ teilnehmen zu lassen.

Schon nach zwei Jahren war klar, dass der während der Veranstaltung erzielte Umsatz die Kosten nicht deckt, vor allem wegen der Entfernung, so dass sich die Zitrusbauer*innen allmählich zurückgezogen haben und es vorziehen, zu ihren individuellen Lösungen zurückzukehren.

Die Zahl der Städte und die Teilnahme von Hersteller*innen aus dem Süden nahm von Jahr zu Jahr ab: zwölf beim ersten Mal, dann acht, dann sechs..., dass verdeutlichte das Ungleichgewicht zwischen den Kräften, die zur Verfügung standen, um vor Ort die SIPs zu beleben, und der Masse der Menschen, denen die Botschaft übermittelt werden sollte. Einerseits die Bemühungen von etwa zwanzig Hersteller*innen, die für zwei oder drei Tage ihre Felder verlassen und sich auf die Reise begeben mussten... andererseits die fehlenden Mittel, die die gastgebenden GAS daran hinderten, über ihr traditionelles Publikum hinaus zu kommunizieren (wie viele Menschen waren denn überhaupt informiert? Mit wie vielen hat ein echter Dialog stattgefunden?).

Die große evokative und demonstrative Wirkung der realen Anwesenheit wurde durch die Größe der nationalen Bevölkerung, die sich auf Hunderte von Städten und Gemeinden verteilt, abgeschwächt. Es wurde deutlich, dass jede Form der Kommunikation ein gewisses Maß an Energie erfordert, und es stellte sich heraus, dass die Formel der SIP, um wirksam zu sein, weit mehr Energie erfordert, als zur Verfügung stand.

Es wäre jedoch ein Fehler, von einem Fiasko zu sprechen, denn trotz der Schwierigkeiten, die zu einer nur sporadischen Fortsetzung der SIPs geführt haben, stellen sie eine wichtige Innovation dar, nicht nur für die kulturelle Verbreitung, sondern auch im Hinblick auf die Wiedergeburt des kleinen natürlichen Zitrusfruchtanbaus in Süditalien.

Die SIPs haben gezeigt, wie wichtig es ist, die Botschaft der Solidarischen Ökonomie aktiv aus dem Kreis der „natürlichen Komplizenschaft“ herauszuholen und sich an die gesamte Bevölkerung zu wenden, ohne irgendwelche Vorbedingungen zu stellen. Die vielfältigen Eindrücke und das große Interesse, das auf den öffentlichen Plätzen geweckt wurde, bestätigten, dass die nicht-kommerziellen Werte der Solidarischen Ökonomie durch emotionale Kommunikationsformen, kulturelle Initiativen, Symbole und Vorstellungskraft viel wirksamer vermittelt werden können als durch einen Wettbewerb, der auf wirtschaftlicher und/oder kommerzieller Stärke beruht.

Statt das Handtuch zu werfen, haben die Initiativen zur Verbreitung der Kultur der Solidarischen Ökonomie neue Wege der Kommunikation eingeschlagen, die nicht so teuer und viel einfacher sind, aber auch wirkungsvoller sein können. CartoSIP, Cartoons (begleitet von pädagogischen Infoblättern), Kurzfilme, Animationsvideos, Comics usw. ermöglichen eine Erweiterung der Themen und schaffen ungeahnte Verbindungen zu anderen Akteuren, Welten und Zielgruppen, die zwar den Wandel anstreben, aber zu Welten gehören, die normalerweise voneinander getrennt sind: Psychiatrie, Finanzen, Landwirtschaft und vor allem Schulen (in denen inzwischen eine spezielle SIP-Gruppe für Schulen tätig ist), was die Teilnehmer*innen an diesen Aktivitäten dazu veranlasst, über die Grenzen des eigenen Gartens hinauszuschauen und den Horizont um weitere Perspektiven zu erweitern.

All diese Aktivitäten zur Verbreitung der Themen der Kultur der Solidarischen Ökonomie haben zur Realisierung von „lo faccio bene cinefest“ geführt, das gemeinsam von kleinen Zitrusbauern, GAS, Lehrern, Kommunikatoren, Videofilmern usw. betreut wird. Dabei handelt es sich um eine Art Datenbank mit audiovisuellen und multimedialen Dokumenten, die jeder ergänzen kann und die jeder kostenlos vom Web herunterladen kann, um sie für Initiativen auf lokaler Ebene zu nutzen (insbesondere in Schulen, wo Lehrer*innen aus der Welt der GAS sie im Rahmen von Pilotprojekten zur Solidarischen Ökonomie nutzen), damit in jeder Stadt und Gemeinde (wie im April 2015 in Lesignano, wo cinefest und SIP gemeinsam stattfanden) positive und konstruktive Beispiele zu den Themen Solidarische Ökonomie, Zusammenarbeit, Solidarität und Nachhaltigkeit gezeigt werden können.

Neben der Verbreitung der kulturellen Werte der Solidarischen Ökonomie hat die Erfahrung mit den SIP direkt oder indirekt das Leben vieler Kleinbauer*innen im Süden verändert, die bis zu diesem Zeitpunkt allein der Arroganz der traditionellen Agrarindustrie ausgesetzt waren. Die Entdeckung, dass man in weit entfernten Städten auf offene Türen stößt, und das Interesse der Bevölkerung an natürlich angebauten Produkten haben dazu beigetragen, die Umstellung der süditalienischen Hersteller*innen auf den biologischen Anbau von Zitrusfrüchten zu intensivieren.

Junge Menschen, die sich für eine natürliche und biologische Landwirtschaft entschieden haben, bringen neues Leben in viele kleine Zitrushaine. Jedes Jahr nimmt das sizilianische Konsortium Legallinefelici einige von ihnen auf, nach zwei oder drei Jahren gegenseitiger Beobachtung und Ausbildung, um die Übereinstimmung mit den kulturellen und ethischen Standards zu überprüfen: biologischer Anbau, Respekt für die Arbeit, Gesetz, Umwelt usw.

Andere, die nicht zum Kreis des Konsortiums gehören, stützen sich auf das eigene Umfeld, wenden sich autonom an die Netze der Solidarwirtschaft oder arbeiten daran, andere Initiativen [6] anzuregen, mehr oder weniger im Kielwasser von Siqillyàh. Das Konsortium hat stets sein Know-how zur Verfügung gestellt, um die Entstehung anderer Vereinigungen zu erleichtern (auch dort, wo die eigenen Mitglieder dabei sind), die sich unter dem Banner von Siqillyàh zusammenschließen. Hier sind die Dinge jedoch schwieriger, denn der Zement der Freundschaft, des Vertrauens und des gegenseitigen Respekts formt sich nur sehr langsam.

Wie auch immer, die Kontamination der kleinen Biokultur verbreitet sich über das Land und trägt zur Wiedergeburt einer kleinen, sauberen ländlichen Zitruskultur in Süditalien bei und stärkt vielleicht sogar die Ablehnung der Bauer*innen gegenüber dem Hang zur Künstlichkeit des Planeten.

Die Entwicklung der Umstellung hat zwangsläufig dazu geführt, dass das Angebot an Bio-Zitrusfrüchten für die GAS-Netze gestiegen ist, was zu einem Rückgang der Absatzzahlen des Konsortiums geführt hat. Nachdem LeGallineFelici die kleinen Hersteller*innen des Südens zu regelmäßigen Lieferanten von Bio-Zitrusfrüchten für mehr als 300 über ganz Italien verstreute GAS gemacht hat, engagiert es sich nun im Ausland (Frankreich, Belgien, Österreich usw.), um Kontakte mit Strukturen der Solidarwirtschaft zu knüpfen, um den Radius des kritischen Konsums zu erweitern und aktive Hersteller-Verbraucher-Beziehungen auf europäischer Ebene zu fördern.

Das Ziel ist nicht, den Umsatz zu steigern oder so eine Art Online-Supermarkt zu werden.

Vielmehr geht es darum, den politischen Inhalt der Solidarischen Ökonomie ernst zu nehmen, die sich als Beschützerin der biologischen Vielfalt, der Ernährungssouveränität, der Bodenfruchtbarkeit und der Verbundenheit mit der Erde versteht. Es geht darum, zu erkennen, dass man sich nicht darauf beschränken kann, den Verbraucher*innen gute Produkte zu akzeptablen Preisen zu liefern, sondern dass man sich auch dem hyperproduktiven agroindustriellen System widersetzen muss, das die Produktion konzentriert und normalisiert, Identitäten auslöscht, das Land verschmutzt und es in einen für alle Arten von Spekulation verfügbaren Raum verwandelt… 

Die Ziele der Solidarischen Ökonomie beschränken sich keineswegs auf die Beziehung zwischen Verbraucher*innen und Hersteller*innenn, sondern setzen voraus, dass die Bauer*innen ( weit über die Mitglieder dieses oder jenes Konsortiums, die Teilnehmer an diesem oder jenem GAS, an diesem oder jenem MAP hinaus) von ihrer Arbeit angemessen leben k:onnen, dass sie nicht gezwungen sind, ihre Felder aufzugeben, dass der Wert dessen, was sie produzieren, nicht von einem großen multinationalen Agrarkonzern oder von irgendeinem Mittelsmann beschlagnahmt wird. Eine ihrer wichtigsten Aufgaben besteht darin, die Netze so weit wie möglich auszubauen, damit immer mehr Hersteller*innen Zugang dazu haben und immer mehr Verbraucher*innen ihre Produkte anfragen.

In diesem Sinne arbeitet das Konsortium seit etwa drei Jahren am Aufbau eines europäischen Handelsnetzes „zwischen gutwilligen Menschen“, dass der Verteilung von kleinem Bio-Zitrusfruchtanbau auf Sizilien, Korsika und Spanien eine Chance geben soll.

LeGallineFelici organisieren bereits regelmäßig Lieferungen von Zitrusfrüchten in Belgien mit einem Dutzend GACs; in Frankreich erfolgen Lieferungen mit Solidaritäts-Einkaufsgruppen in Ile de France (Paris), Nord-Pas-de-Calais (Lille), Languedoc-Roussillon (Saint Jean du Gard), Hautes Alpes (Gap). In der Normandie, in der Bretagne, in Centre, in Poitou-Charente, in Aquitaine und in Midi-Pyrenäen kooperiert das Netz mit einigen lokalen Verbänden.

Das Projekt des Konsortiums zielt nicht darauf ab, auf Kosten anderer Produzenten zu wachsen, die sich ebenfalls in einer Krise befinden. Im Moment ist die Ausweitung der kritischen Nachfrage ein Dorn im Auge des Großhandels. Aber wenn die verschiedenen Initiativen, die heute versuchen, das Territorium des kritischen Konsums zu erweitern und den Raum des GH zu kolonisieren, miteinander in Kontakt kommen, wird es notwendig sein, einen Wettbewerb zu vermeiden, der auf Effizienz, Organisation, wirtschaftlicher oder finanzieller Stärke basiert und nur zulässt, dass die Großen die Kleinen verschlingen. An diesem Punkt werden Mechanismen gegenseitiger Solidarität benötigt, die auf Beteiligung und Engagement beruhen und nicht darauf abzielen, die jeweiligen Marktanteile zu verteidigen, sondern aus Konkurrenten Mitstreiter zu machen, die in der Lage sind, zusammenzuarbeiten.

Aus diesem Grund denken die Galline Felici in Zusammenarbeit mit lokalen Bauer*innen, kleinen spanischen Hersteller*innen und mit Hilfe einiger Verbände im hohen Norden (Lille) und im tiefen Süden (Gap) Frankreichs darüber nach, zwei „Sbarchi in Piazza“ in ihren jeweiligen Regionen zu organisieren, eine Veranstaltung, die europäische Bedeutung erlangen könnte, da die Region Sizilien einerseits und die Behörde von Lilloise [7] andererseits bereits Interesse an dem Projekt bekundet haben.

Da jeder gezwungen ist, die effizientesten und günstigsten logistischen Lösungen zu finden, stellt der Aufbau eines lokalen Netzes des Solidaritätsvertriebs an sich schon einen wichtigen Integrationsfaktor dar: zwischen den GAS in derselben Stadt oder in demselben Gebiet, die manchmal nichts miteinander zu tun haben; zwischen den Mitgliedern der GAS und des Konsortiums; zwischen den Mitgliedern des Konsortiums und den Kleinherstellern, die sich in der Umstellung befinden, was eine wichtige Aggregationsfähigkeit demonstriert.

Sollte es neben dem Konsortium und der GAS ähnliche europäische Akteure einbeziehen, könnte das Netzwerk den gleichen positiven Einfluss auf die interne Organisation eines großen alternativen Marktes ausüben. Andererseits könnte es einen wichtigen Beitrag zur Verbreitung der kulturellen Werte der Solidarischen Ökonomie leisten, indem es die gleichen Kommunikationsvektoren nutzt (eine kluge Verbindung zwischen der starken evokativen und demonstrativen Kraft realer Präsenzen und dem Angebot audiovisueller und multimedialer Dokumente), die im SIP-Paradigma so wichtige Ergebnisse erbracht haben.

[1] Ein Arbeitstag kostet in der Türkei 4 €, in Italien sind es 70 €. 2013 stiegen die Einfuhren ägyptischer Orangen um 110 %.

[2] 2012 verschwanden auf dem 70 km langen Küstenstreifen zwischen Messina und Catania mehr als 500 Zitronenhaine.

[3] Fünf Jahre lang vertraute das Konsortium seine Transporte einem Unternehmen an, das von der Mafia beschlagnahmt und vom Staat verwaltet wurde. Dieses Unternehmen wurde Ende 2012 in den Konkurs getrieben, verurteilt durch die Nachlässigkeit der öffentlichen Verwaltung und durch die Mafia selbst, die geduldig die Flucht von (fast) allen Kunden organisiert hat.

[4] Wenn das Konsortium Bestellungen für ein einziges Produkt erhält, die seine Tätigkeit überflüssig machen, wird der Kunde direkt mit dem Hersteller*innen in Kontakt gebracht, und es kommt häufig vor, dass die Lieferung von einem seiner Transporte profitiert.

[5] Sprigioniamo Sapori, gegründet unter den Insassen der Gefängnisse von Ragusa, Modica und Catania. Es stellt Mandel-, Pistazien- und Sesam-Torrone her.

L'Arcolaio, gegründet von den Insassen des Gefängnisses von Syrakus. Es stellt typische Mandelsüßigkeiten her und betreibt die Küche und Kantine des Gefängnisses.

Quetzal, das traditionelle Modica-Schokolade aus fair gehandelten Rohstoffen herstellt und eine Boutique du Monde (fairer Handel) betreibt.

Terra Matta berufliche Eingliederung von Menschen in Schwierigkeiten, im Gartenbau und in der Weinproduktion; in Comiso, in der Provinz Ragusa.

Ozanam beschäftigt geistig behinderte Menschen auf Bauernhöfen in der Nähe von Vittoria (Ragusa).

[6] SOS Rosarno (Kalabrien), Südliches Netzwerk der Solidarwirtschaft (Süditalien, von Sizilien bis Rom), Equo Sud (Kalabrien).

[7] Die Stadtverwaltung von Lille saniert einige noch verlassene Teile des alten Bahnhofs Saint Sauveur (der bereits für die periodische Verteilung von sizilianischen Zitrusfrüchten zur Verfügung gestellt wurde) und arbeitet an einem Projekt für ein internationales Zentrum der Solidarwirtschaft.